Als Investor hat er längst die Logistik-Branche für sich entdeckt: Frank Thelen, europäischer Seriengründer, Technologie-Investor und Autor hat durch sein Investment in das Logistik-Startup Smartlane gezeigt, dass die Branche durch ihr Innovationspotenzial spannend für Investoren ist. Nun ist Frank Thelen mit Freigeist den Financial Network von startport, der Innovationsplattform für die Logistik und Supply Chain, beigetreten. Peter Trapp, Managing Director von startport, hat diese neue Partnerschaft zu Anlass genommen, um sich ein wenig näher mit Frank Thelen auszutauschen.
Peter Trapp: Viele junge Menschen nehmen die eigene unternehmerische Tätigkeit nicht als einen möglichen Berufsweg wahr. Gerade aufgrund der hohen Dichte an Industrieunternehmen im Ruhrgebiet befand sich ein Großteil der Menschen seit jeher im Angestelltenverhältnis. Durch die Entwicklung eines Startup-Ökosystems ändert sich das langsam. Sie haben bereits 1994 ein Unternehmen gegründet: Was haben die Menschen damals zu Ihnen gesagt?
Frank Thelen: Zunächst wurde ich von vielen belächelt. Was man dazu wissen muss: Ich war vom Gymnasium geflogen und hatte mein Informatikstudium nach nur einem Semester abgebrochen, die Zweifel waren also sicher nicht ganz unberechtigt. Aber mein Weg zeigt auch: Wenn man fokussiert und hart arbeitet, kann jeder es schaffen.
Peter Trapp: Gerade das „Scheitern“ empfinde ich selbst auch als eine wichtige Erfahrung. Wer keine Fehler macht, der hat nie etwas ausprobiert! Aus Ihrer persönlichen Erfahrung: Was würden Sie heute jungen Leuten raten, die überlegen ein Unternehmen zu gründen?
Frank Thelen: Setzt euch zunächst mit dem „Warum“ auseinander. Gibt es ein Thema, für das ihr brennt, oder wollt ihr nur gründen, um zu gründen? Seid ehrlich zu euch selbst und reflektiert, ob euer Produkt ein zentrales Problem löst, ob es innovativ ist und sich von der Konkurrenz abhebt. Ist das der Fall, habt ihr die besten Grundvoraussetzungen.
Gibt es ein Thema, für das ihr brennt, oder wollt ihr nur gründen, um zu gründen?
Peter Trapp: Wenn die Entscheidung zum Gründen getroffen ist: Was brauchen Gründer:Innen um erfolgreich zu sein?
Frank Thelen: Passion, Durchhaltevermögen und man muss andere für seine Mission begeistern können.
Peter Trapp: Jetzt interessiert mich insbesondere, wie sich das bei Ihnen abgespielt hat. Was war der Moment, an dem Sie wussten, dass Sie es geschafft haben, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein? Was hat dieser Moment ausgelöst?
Frank Thelen: Mein beruflicher Werdegang hatte viele Höhen und Tiefen und Erfolg ist keine Eigenschaft, die man einmal erlangt und dann für immer behält. Mein erster großer Erfolg war sicherlich der Verkauf meiner Firma ip.labs an Fujifilm. Seitdem bin ich finanziell unabhängig. Aber auch als Investor durfte ich schon einige Erfolge feiern, zum Beispiel den Verkauf von Wunderlist an Microsoft oder die Übernahme von MyTaxi durch Daimler.
Peter Trapp: Das sind sicherlich Startups, von denen man zumindest in der Startup-Szene definitiv gehört haben muss. Jetzt würde ich gerne noch einmal einen Schritt zurück gehen und erfahren, wie Sie zum Investor geworden sind. Warum haben Sie sich entschieden in Startups zu investieren? Was war der emotionalste Moment in Ihrer Zeit als Investor?
Frank Thelen: Angefangen hat alles eher zufällig. Nach dem Verkauf von ip.labs saßen mein langjähriger Geschäftspartner Marc und ich noch lange im Auto und haben überlegt, was wir mit dem ganzen Geld nun anfangen. Wir beschlossen, einen Teil davon in die Startup-Community zurückzugeben und 10 Teams jeweils 100.000 Euro zu geben. Das Geld hatten wir von Anfang an abgeschrieben, doch dann stellten wir fest, dass wir den Gründern mit unserer Erfahrung wirklich helfen konnten. Nach den erfolgreichen Exits von Wunderlist, MyTaxi und KaufDa wussten wir, dass wir unsere neue Berufung gefunden hatten.
Peter Trapp: Wenn man das Thema Startups hört denkt man oft an Berlin. Sie sind allerdings mit Freigeist in NRW aktiv. Warum wählten Sie diesen Standort?
Frank Thelen: Ich bin in Bonn aufgewachsen, meine Frau hat ihre Kieferorthopädische Praxis hier und ich habe es nie als Nachteil angesehen, nicht in Berlin zu sein. Daher gab es für mich nie einen Grund, den Standort zu wechseln. Unser Portfolio ist in ganz Deutschland und Europa verteilt, unsere Startups sitzen in München, Hamburg, Delft, Sofia, nur wenige in Berlin. Durch unseren sehr technischen Fokus sind für uns vor allem die führenden technischen Unis interessant, aber auch hier muss man nicht dauerhaft vor Ort sein, um unterstützen zu können.
Peter Trapp: Mit unserem Startup-Programm für die Logistik und Supply Chain startport befinden wir uns auch in NRW, in Duisburg, der führenden Logistik-Drehscheibe in Europa und sehen ein großes Potenzial bei Startups mit Innovationen für diese Branche. Auch Sie haben mit dem Startup Smartlane bereits in die Digitalisierung der Logistik investiert. Warum ist die Branche Ihrer Meinung nach spannend für Investoren?
Frank Thelen: Die Logistik-Branche ist riesig und hat extrem viel Innovationsbedarf. Ich konnte anfangs gar nicht glauben, dass die meisten Logistiker ihre Touren immer noch mithilfe von Exceltabellen planen. Das ist für mich als Informatiker wirklich unvorstellbar. Smartlane bietet eine KI-basierte Software, die die Transportroutenplanung automatisiert und optimiert, wodurch Logistiker hohe Kosteneinsparungen und CO2-Reduktion erzielen können. Ich denke, es gibt im Logistik-Bereich noch viele weitere Prozesse, die automatisiert werden könnten, was ihn zu einem besonders spannenden Feld für Investoren macht.
Peter Trapp: Mit dem Blick auf unsere Startups kann ich das nur bestätigen. Trotzdem muss man leider sagen, dass nicht jedes vielversprechende Startup es letztendlich schafft groß rauszukommen. Woran scheitern Ihrer Meinung nach die meisten Startups in NRW und was kann man dagegen tun?
Frank Thelen: Nicht nur in NRW, sondern in ganz Deutschland fehlt die Bereitschaft seitens der Regierung und Großkonzerne, in Innovation zu investieren. Während US-amerikanische Unternehmen wie Google und co. einen Großteil ihrer Gewinne in neue technologische Lösungen reinvestieren, wird hierzulande immer noch auf Immobilien und konventionelle Anlagemöglichkeiten gesetzt. Dabei ist das Potenzial, das gerade jetzt im Technologie-Sektor steckt, gigantisch. Ich hoffe, dass unsere Konzerne und Family Offices das bald verstehen und Startups mit innovativen Lösungen mutig fördern.
Peter Trapp: Das hoffen wir auch. Wo sehen Sie für die nachhaltige Entwicklung einer starken Startup-Szene in Deutschland noch Nachholbedarf? Was ist schon vorhanden, was fehlt?
Frank Thelen: Die Rahmenbedingungen für Startups müssen insgesamt besser werden. Rechtliche Einschränkungen und absurde Doppelbesteuerungen machen es Gründern heutzutage noch extrem schwer, Innovationen zu erschaffen, die uns wirklich weiterbringen könnten.
Außerdem fehlen uns Helden.
Außerdem fehlen uns Helden. Uns fehlt ein europäischer Elon Musk oder Jeff Bezos, der zeigt, wie es geht und zu dem Gründer und Gründerinnen aufschauen können.
Peter Trapp: Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorbildern sind es gerade die Kooperationen mit Unternehmen, die die Startups nach vorne bringen. Sollten etablierte Unternehmen mit Startups zusammenarbeiten? Und wenn ja, warum?
Frank Thelen: Unbedingt. Viele deutsche Unternehmen befinden sich noch immer im Wohlstandsschlaf und bekommen nicht mit, dass ihre Branche früher oder später von einem innovativen Startup disruptiert werden könnte. Das ist eine reelle Gefahr, die wirklich jeder Konzern, egal wie groß, ernst nehmen sollte. Wir sehen es gerade an der deutschen Autoindustrie, die von Tesla überrollt wurde. Ich sage es immer wieder, wir müssen aufwachen.
Ich sage es immer wieder, wir müssen aufwachen.
Peter Trapp: Die Herausforderung, sich immer wieder selbst neu finden zu müssen, kennen wir hier im Ruhrgebiet nur zu gut. Der Strukturwandel, den wir hier durch das Ende des Bergbaus vollzogen haben, hat aber auch große Chancen geborgen. Im Duisburger Hafen haben wir immer großen Wert auf Kooperationen gelegt, um Herausforderungen zu begegnen. Wie sieht das bei Freigeist aus? Wieso geht Freigeist Partnerschafen mit Startup-Programmen ein? Wieso mit startport?
Frank Thelen: Wir legen viel Wert auf ein hochwertiges Partnernetzwerk, da es uns wichtig ist, den Standort Deutschland und Europa zu fördern und wir es als Seed-Investor im Idealfall zuerst mitbekommen wollen, wenn irgendwo eine neue Innovation entsteht. Wir wollen junge, herausragende Teams mit unserer Erfahrung und unserem Kapital fördern und setzen hierfür auch auf Partner wie startport, die in spannenden Feldern einen besonderen Draht zur Industrie haben.
Über Frank Thelen: Frank Thelen ist europäischer Seriengründer, Technologie-Investor und Autor. Als CEO von Freigeist Capital unterstützt er europäische Tech Gründer und setzt sich so aktiv für den Tech Standort Deutschland und Europa ein. Die durch seine TV-Präsenz gewonnene Bekanntheit will er nutzen, um Innovation und Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben.
Über Peter Trapp: Peter Trapp ist Managing Director bei startport und Generalbevollmächtigter der Duisburger Hafen AG. Logistik-Innovationen sind für Peter der Schlüssel für eine nachhaltige Stärkung des Logistik-Standortes NRW.
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